Eine aussergewöhnliche Freundschaft

Elizabeth Nyayuk (rechts) und Elizabeth Deng leisten Friedensarbeit im Südsudan.

Auf der politischen Bühne des Südsudans bestimmen zwei Männer über Krieg und Frieden: der Präsident Salva Kiir und sein Rivale, der ehemalige Vizepräsident Riek Machar. Jahrelang herrschte Bürgerkrieg, gespeist von ihrem Kampf um Macht und Einfluss. Im September 2018 unterzeichneten die beiden Politiker ein Friedensabkommen.

Im Alltag sind es andere, die mit den Folgen des Kriegs leben und für den Frieden kämpfen. Zum Beispiel Elizabeth Nyayuk. Sie musste aus ihrer Heimatstadt Malakal fliehen. «Wir waren tagelang zu Fuss auf Nebenstrassen unterwegs», erinnert sie sich, «auf der Hauptstrasse gingen bewaffnete Mörder.» Heute lebt sie in der südsudanesischen Hauptstadt Juba ein hartes Leben. «Das Schlimmste ist, wenn die Kinder nichts zu essen haben», sagt die vierfache Mutter, «dann kann ich an nichts anderes denken.»

Eine ganz ähnliche Geschichte erzählt eine zweite Frau mit demselben Vornamen: Auch Elizabeth Deng musste Malakal verlassen und lebt seit fünf Jahren als Vertriebene im eigenen Land. Durch die Flucht wurde sie von ihrem Mann getrennt. In Juba verkauft sie Gemüse auf dem Markt. «Manchmal reicht das Geld trotzdem nicht einmal für genügend Wasser», sagt sie.

Elizabeth Deng an ihrem Markstand. Foto: Silvano Yokwe

Elizabeth Deng an ihrem Markstand. 

Die Geschichten der beiden Frauen gleichen sich, doch es gibt einen Unterschied. Elizabeth Deng gehört zur Ethnie der Dinka, wie Präsident Salva Kiir. Elizabeth Nyayuk ist eine Nuer, wie Salva Kiirs Gegner, Riek Machar.

Dinka und Nuer sind im Südsudan verfeindet. Seit 2013 der Machtkampf zwischen Kiir und Machar ausgebrochen ist, gab es grausame Gewalttaten auf beiden Seiten. Zahlreiche Friedensabkommen scheiterten. Erst im September 2018 wurde ein Friedensvertrag unterzeichnet, der die Menschen auf echten Frieden hoffen lässt. Doch im Alltag ist dieser Frieden noch keine Realität. Die Menschen sind von der Gewalt der vergangenen Jahre traumatisiert, durch die Gesellschaft gehen tiefe Gräben.

Elizabeth Deng und Elizabeth Nyayuk versuchen gemeinsam, diese Gräben zu überwinden. Sie sind eng befreundet und sind in Juba zusammen für die Friedensarbeit der Presbyterianischen Kirche im Südsudan (PCOSS) im Einsatz. Dass sie Seite an Seite für den Frieden eintreten, ist in der aktuellen Situation aussergewöhnlich und mutig. Denn der Umgang mit Menschen der jeweils anderen Ethnie – noch dazu in aller Öffentlichkeit, wie bei den beiden Elizabeths – kann im Südsudan sehr gefährlich sein.

Die PCOSS ist die Partnerkirche von Mission 21 im Südsudan. Sie engagiert sich stark für den Frieden. Bedürftige werden versorgt, soweit es möglich ist. Im Zentrum der Friedensbemühungen steht es, Begegnungen zwischen Menschen verfeindeter Gruppen zu ermöglichen und Vorurteile abzubauen. Dies gelingt zum Beispiel in Gottesdiensten. Hier versammeln sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterschiedlicher Herkunft. Da die Regierung ihre Glaubwürdigkeit verloren hat, ist die Kirche eine der letzten Institutionen im Land, der die Menschen noch ihr Vertrauen schenken. 

Bei ihrer Arbeit nutzen die beiden Elizabeths die Gottesdienste immer wieder, um über Frieden zu sprechen und die Menschen zu weiteren Aktivitäten einzuladen, zum Beispiel zu Frauenkonferenzen, öffentlichen Kundgebungen oder Workshops. Sie ziehen von Haus zu Haus, treten vor ihre Kirchgemeinde und überzeugen so immer mehr Menschen von einem friedlichen Zusammenleben zwischen den Ethnien. 

Die beiden Elizabeths an einem von ihnen geleiteten Versöhnungs-Workshop. Foto: Silvano Yokwe

Elizabeth Nyayuk und Elizabeth Deng an einem von ihnen geleiteten Versöhnungsworkshop. 

Wichtig sind dafür Gespräche, aber auch ganz praktische Hilfe: «Wir besuchen Kranke und verteilen Hilfsgüter wie Nahrung, Decken oder Seife», berichtet Elizabeth Nyayuk. Elizabeth Deng ergänzt: «Inzwischen kennen uns die Leute – und sie holen sich bei uns Rat, ganz egal, zu welcher Ethnie sie gehören.»

Traumaarbeit ist ein wichtiger Bestandteil der Friedensförderung von Mission 21 und ihrer Partner im Südsudan. Denn Versöhnung ist kaum möglich, wenn eine Auseinandersetzung mit traumatischen Erlebnissen ausbleibt. Das gilt auch für Elizabeth Nyayuk und Elizabeth Deng selbst, und sie wissen, wie schwer das sein kann. «Ich habe viel Schlimmes erlebt und an manche Dinge möchte ich mich nicht erinnern, weil es zu schmerzhaft ist», sagt Elizabeth Nyayuk. Dennoch ist die Auseinandersetzung mit erlittenem Unrecht eine Voraussetzung für Vergebung. Ein Weg, auf dem Elizabeth Deng und Elizabeth Nyayuk andere begleiten, im Rahmen ihres Einsatzes für ihre Kirche.

«Elizabeth Nyayuk gehört zur Ethnie der Nuer. Im Krieg hat ihre ethnische Gruppe meine Ethnie der Dinka bekämpft», sagt Elizabeth Deng – «aber gerade deshalb müssen wir zusammenstehen!» Denn so zeigen sie den Leuten, dass Vergebung möglich ist: «Dinka und Nuer können im Südsudan vereint zusammen leben und arbeiten.»

Die Wunden des Kriegs sind noch lange nicht verheilt. Doch Elizabeth Deng und Elizabeth Nyayuk schöpfen Kraft aus ihrer Freundschaft. «Wenn sie nicht da ist, fehlt etwas», sagt die eine über die andere. Gemeinsam setzen sie sich dafür ein, dass weitere Freundschaften entstehen und bereiten so den Boden, auf dem der Frieden wachsen kann. 

Text: Miriam Glass, Fotos: Silvano Yokwe

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