Rassismus und Antirassismus in der Religion

Eine Muslimin, eine Jüdin und ein Christ, bei diesen Worten entstehen in vielen Köpfen bereits Bilder. Vielleicht enthalten diese Vorstellungen Kopftücher, unterschiedliche Hautfarben oder andere Charakteristika, vielleicht sehen die Bilder ganz anders aus.

Eine Muslimin, eine Jüdin und ein Christ, bei diesen Worten entstehen in vielen Köpfen bereits Bilder. Vielleicht enthalten diese Vorstellungen Kopftücher, unterschiedliche Hautfarben oder andere Charakteristika, vielleicht sehen die Bilder ganz anders aus. 

«Wir alle denken in Stereotypen. So ist unser Gehirn zum Teil programmiert, zum Teil sind wir so aufgewachsen. Davor ist niemand gefeit», sagt Dr. Nora Refaeil. Darum sei für die Vizepräsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus und Lehrbeauftragte an der Universität Basel wichtig, «dies anzuerkennen und zu merken, dass es immer ein vorsichtiges, umsichtiges Hinschauen, Zuhören und Nachfragen bei sich selbst und bei anderen erfordert.» 

Zeinab Ahmadi, die ehemalige Bereichsleiterin Bildung des Hauses der Religionen in Bern, pflichtet ihr bei. «Es ist wichtig, dass wir Fehler eingestehen und dass wir daraus unsere Lehren ziehen.» In der Antirassismus-Arbeit sei das für sie von zentraler Bedeutung. 

Vorstellungen, die nicht zutreffen

Alle drei Gäste haben selbst Diskriminierung aufgrund ihrer Religion und ihres kulturellen Hintergrunds erfahren müssen. «Als Pfarrer bin ich akzeptiert, solange ich dem Bild eines happy, clappy Gospelpredigers entspreche», sagt der Autor, Dozent und Pfarrer Dr. Scotty Jermaine Williams. «Wenn ich aber aus meiner Perspektive als schwarzer Theologe aktiv werde und Dinge anspreche, werde ich spürbar marginalisiert.» 

Rassismus habe verschiedene Gesichter, betont Nora Refaeil. «Ein zentrales Element von Rassismus ist, dass das, was sich die Leute über andere vorstellen, nicht unbedingt zutreffen muss.» Diese Vorstellungen gründen oft auf Stereotypen, die dazu führen können, dass eine Person ungerecht und abschätzig behandelt wird. Zeinab Ahmadi nennt als Beispiel die Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt, auf dem Studien zufolge Menschen mit fremd klingenden Namen generell benachteiligt werden. 

Sowohl Scotty als auch Nora Refaeil bemerken, dass sie auch von liberaler, progressiver Seite rassistisch behandelt wurden.

Heilige Schriften brauchen Kontext

Religionen spielen bekanntlich eine grosse Rolle in der Geschichte des Rassismus. Zentral hierbei sei aber immer die Interpretation der jeweiligen heiligen Schriften, unterstreichen alle drei Gäste. 

Scotty Williams bringt die sogenannte Verfluchung Hams durch Noah im Alten Testament als Beispiel ein: «Theologen, die die Sklaverei unterstützten, postulierten, dass Noah seinen Sohn Ham verflucht habe und dass von ihm alle afrikanischen Menschen abstammen würden.» So hätten diese Theologen gerechtfertigt, warum den Schwarzen so viel Schlechtes widerfahre. 

Um solche falschen, tradierten Interpretationen zu durchbrechen, brauche es gut ausgebildete Pastoren, ist Scotty Williams überzeugt. «Ich wurde Pfarrer, um einen Fuss in der Uni zu haben und den anderen in der Kirche, um sagen zu können, diese Interpretationen sind falsch.» 

Zeinab Ahmadi und Nora Refaeil unterstreichen, dass die richtige Kontextualisierung der heiligen Schriften zentral sei. Denn keine der drei Religionen Islam, Judentum und Christentum, sei davor gefeit, strukturellen Rassismus zu fördern. «Wer diskriminieren will, kann sich auf die heiligen Schriften berufen. Und wer nicht diskriminieren will, kann sich ebenso auf sie berufen.» 

Im Judentum seien es «mehr die Fragen des Ausschlusses innerhalb der jüdischen Gemeinschaft», sagt Nora Refaeil. «Zum Beispiel gegenüber Frauen oder liberalen Personen.» Damit musste auch Zeinab Ahmadi Erfahrungen machen. Ihr sei in ihrer Arbeit im Haus der Religionen mehrere Male klargemacht worden, dass sie als muslimische Frau nicht gleichwertig sei wie ein muslimischer Mann.

Gemeinsam Brot brechen gegen Rassismus

Gerade weil Religionen Nährböden für rassistische Interpretationen bieten können, ist es besonders wichtig, dass sich Religionsangehörige für den Antirassismus einsetzen. 

«Ich habe gemerkt, dass es Räume braucht, in denen sich die Religionen begegnen können», sagt Zeinab Ahmadi. «Mit Essen», ergänzt Scotty Williams. «Alle lieben es, zu essen. Mit einer gemeinsamen Mahlzeit entdecken wir die gemeinsame Menschlichkeit.» Das gehe in seinen Augen immer wieder vergessen. «Rassisten vergessen, dass die Menschen, die sie hassen, Menschen sind.» Und wir Antirassisten vergessen manchmal, dass Rassisten auch Menschen sind, die von Gott geschaffen und geliebt sind.» Und dass auch sie sich ändern können, fügt Scotty Williams an. Das falle uns wieder ein, wenn wir gemeinsam das Brot brechen.

Samuel Rink

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