Südsudan: Tägliche Gewalttaten trotz Friedensabkommen

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Vor zwei Jahren wurde der Bürgerkrieg im Südsudan für beendet erklärt. Doch das aktuelle Ausmass der Gewalt, insbesondere entlang ethnischer Linien, sei „besorgniserregend“, sagte Joane Holliger, die Beraterin für menschliche Sicherheit der Schweiz im Südsudan. Sie war Rednerin im Webinar von Mission 21, zusammen mit zwei wichtigen Akteuren im laufenden Friedensprozess, die sich ebenfalls aus Juba zuschalteten: James Oyet Latansio und Rajab Mohandis. 

James Oyet Latansio, auch Father James genannt, ist Generalsekretär des Südsudanesischen Kirchenrates (SSCC), mit dem Mission 21 in ihren Projekten zur Friedens- und Versöhnungsarbeit im Südsudan eng zusammenarbeitet. Rajab Mohandis ist Exekutivdirektor der Organisation für verantwortungsvolle Regierungsführung (ORG) und Koordinator des Südsudanesischen Forums der Zivilgesellschaft. Er ist Mitunterzeichner des aktuellen Friedensabkommens und hat eine Beobachterfunktion in dessen Umsetzung.

 

Die Wirtschaft ist am Boden, die Menschen hungern

Warum aber ist der Frieden im Südsudan derart schwer zu erreichen, warum hält die Gewalt an? Die drei Gäste auf dem Online-Podium waren sich weitgehend einig darin, dass die praktische Umsetzung des 2018 ausgehandelten Friedensvertrags zu langsam vorwärts gehe. „Die Inhalte sind gut, die Implementierung stockt“, sagte Mohandis. „Die Wirtschaft ist am Boden, die Menschen kämpfen mit den Folgen von Naturkatastrophen und mit ihren Kriegstraumata“, sagte Father James. „Sie haben Hunger und sie sind verzweifelt. So ist es sehr schwer, aus dem Kreislauf von Gewalt auszubrechen.“

   

                   

                   Father James, Generalsekretär des Südsudanesischen Kirchenrats: „Viele von uns sind im Krieg geboren, wir alle haben den Krieg erlebt und ich werde vielleicht im Krieg sterben. Trotzdem behalte ich die Hoffnung, den Frieden zu erleben.“

 

Gewalt ist zu präsent im Alltag

Rajab Mohandis erklärte, in einer Umfrage im Juni hätten 86% der befragten Menschen im Südsudan keine Hoffnung auf eine erfolgreiche Umsetzung des Friedensprozesses geäussert. Zwar gebe es kleine Verbesserungen, doch zu präsent seien Gewalt, Vergewaltigungen und Entführungen im Leben der Menschen.

 

                  

                   Rajab Mohandis, Mitunterzeichner des aktuellen Friedensabkommens: „Die politischen Führungspersonen müssen besser mit der Bevölkerung kommunizieren, um die Inhalte des Friedensabkommens bekannt zu machen.“

 

Politiker heizen Konflikte an

„Es liegt an der politischen Führung, die Inhalte des Abkommens richtig zu vermitteln“, sagte Mohandis. Doch genau da hapere es. Zwar hat sich eine nationale Einheitsregierung gebildet, doch auf kommunaler Ebene fehlen funktionierende Strukturen. Zudem sei die Kommunikation der politischen Elite nicht ausreichend. Konflikte würden eher angeheizt, um Anhänger zu gewinnen, als dass der Gedanke eines nachhaltigen Friedens vermittelt werde. Hier sei noch ein langer Weg zu gehen – und zivilgesellschaftliche Organisationen und die Kirche seien stark gefragt und gefordert. „Wir vollbringen grosse Anstrengungen, um die Menschen zu erreichen und auch den Kontakt zwischen der politischen Elite und der Bevölkerung herzustellen“, so Mohandis.

 

Versöhnung als Kernelement im Friedensprozess

Eine dieser Anstrengungen, die vom Schweizerischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sowie Mission 21 mit unterstützt wird, ist der „Action Plan for Peace“ (Aktionsplan für Frieden). Ins Leben gerufen hat ihn der SSCC, federführend war Father James. Der Aktionsplan hat vier Säulen: Capacity Building, also die Vermittlung von Kompetenzen; Advocacy, gemeint ist Fürsprache für den Frieden; Neutrale Foren, in denen ein Dialog von Konfliktparteien stattfinden kann sowie Versöhnung und Traumabearbeitung.

 

                  

                   Joane Holliger, Beraterin für menschliche Sicherheit der Schweiz im Südsudan: „Traumabearbeitung und Versöhnung sind entscheidend für einen nachhaltigen Frieden.“ 

 

Letzteres sei enorm wichtig, betonten Joane Holliger und Father James. „Es gibt zu viel Hass, Rache und Trauma im Land. Jemandem zu vergeben, der die eigenen Angehörigen getötet hat, ist unendlich schwer“, so Father James Dennoch müsse man in diese Richtung arbeiten, sowohl mit Opfern als auch mit Tätern, um die Gewalttaten der Vergangenheit und der Gegenwart aufzuarbeiten. Dass dies gelingen kann, zeigen konkrete Beipiele, von denen Father James berichtete. Die Kirche sei dabei eine wichtige Akteurin, „denn uns vertrauen die Menschen noch, während sie das Vertrauen in andere Institutionen und die Regierung verloren haben.“ Mitglieder von Regierung und Verwaltung seien zu sehr auf ihren eigenen Vorteil bedacht, statt die Arbeit für den Frieden wirklich voranzutreiben. Das schwäche sie in ihrer Glaubwürdigkeit.

Die Hoffnung auf Frieden bleibt bestehen

Auch Bildung sei ein wichtiger Teil des Friedensprozesses (lesen Sie hier mehr zu den Bildungsprojekten von Mission 21 im Südsudan). „Wir wollen im Südsudan eine Veränderung erreichen, weg von einem Narrativ des Krieges, hin zu einem des Friedens.“ Dies sei nur mit Bildung möglich. Und mit Hoffnung, so Father James: „Viele von uns sind im Krieg geboren, wir alle haben den Krieg erlebt und ich werde vielleicht im Krieg sterben. Trotzdem behalte ich die Hoffnung, den Frieden zu erleben.“

Helfen Sie mit!

Helfen Sie mit, diese Hoffnung zu stützen und den Traum vom Frieden Wirklichkeit werden zu lassen. Unterstützen Sie die Friedens- und Versöhnungsarbeit im Südsudan und werden Sie Teil unserer Kampagne!

Text: Miriam Glass, Mission 21

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