Das Thema Restitution, also die Rückgabe von Kulturgütern, wird seit einiger Zeit heiss diskutiert. Auch Mission 21 beteiligt sich aktiv am Diskurs und trägt zur kritischen Aufarbeitung der Geschichte bei.
«Losango-Geräte aus Susa»: So ist im Archiv der Basler Mission diese Fotografie mit Objekten aus Kamerun bezeichnet, aufgenommen auf der Treppe vor dem Missionshaus. «Losango» steht für alles, was mit einheimischen Bünden zusammenhing, zum Beispiel Kultobjekte.
Viel aufschlussreicher als der Titel des Bildes ist jedoch der Bericht im «Evangelischen Heidenboten » vom April 1898 über die Ankunft der Objekte in Basel: «Aus Kamerun kommt eine rechte Siegesbotschaft. Es ist Missionar Keller gelungen, eine ganze Reihe von Dörfern zu bewegen, alle ihre Götzen und Zauberdinge auszuliefern. Die Leute sind damit noch nicht Christen, aber das Heidentum hat einen mächtigen Stoss erlitten. Der grosse Götze ist nach Basel gesandt worden, daselbst im Missionsmuseum aufgestellt als eine sichtbare Siegesbeute aus Kamerun.»
Geraubt, verbrannt, verschickt
Was im «Heidenboten» harmlos mit «ausliefern» beschrieben wird, war ein eigentlicher Raubzug, den Jakob Keller 1897 mit Hilfe von einheimischen Christen begangen hatte. Unzählige rituelle Gegenstände hat er geraubt, diese vor Ort verbrannt oder nach Basel geschickt.
Daraus machte Jakob Keller keinen Hehl. In einer Broschüre des Missionsverlags mit dem Titel «Abschaffung der Losango in Susa» beschrieb er detailliert, wie er mit seinen Helfern in die Häuser der Einheimischen eingedrungen ist und die Objekte zerstört oder mitgenommen hat. Diese wurden nicht nur nach Basel gebracht, sondern auch in Museen in Bremen, Nürnberg und Berlin.
Rückkehr der Objekte ins Herkunftsland
Jakob Keller war ein Extremfall und nicht repräsentativ für alle Missionar*innen. Sein Beispiel zeigt aber, wie mit dem Wissen und sogar der Zustimmung der Leitung in Basel gegen einheimische Religionen vorgegangen wurde.
Die Missionar*innen aus Basel waren nicht die einzigen, die Objekte nach Europa brachten. Die Autor*innen des 2023 erschienenen «Atlas der Abwesenheit» schätzen, dass über 40’000 Objekte nur schon aus dem Kulturerbe Kameruns in öffentlichen Museen des deutschen Sprachraumes aufbewahrt werden. Die hier abgebildeten Objekte befinden sich heute in der Sammlung des Museums der Kulturen Basel.
In Folge dieser Publikation sind konkrete Projekte entstanden, um die Herkunft von Kultobjekten zu klären und nach Kamerun zurückzugeben. Das Forschungsarchiv von Mission 21 bietet Unterstützung bei entsprechenden Anfragen und leistet damit einen Beitrag an die Aufarbeitung der damaligen Geschehnisse.
Die Frage des Kulturgüterraubs und der Restitution war auch Thema eines Webinars im Rahmen der Reihe «Mission – Colonialism Revisited» von Mission 21. Die Aufzeichnung kann hier angeschaut werden.
Text: Patrick Moser, Mission 21