Peter Gai, was war das Ziel des Treffens mit dem Papst?
Dieses Jahr soll sich nach dem im letzten Jahr abgeschlossenen Friedensabkommen eine neue Regierung im Südsudan bilden. Ein Treffen zwischen der politischen und religiösen Führung im Land machte daher Sinn, damit der Heilige Geist die Regierungsbildung unterstützt. Die früheren Kriegsparteien sollten näher an Gott gebracht werden, sodass der Frieden gewahrt werden kann. Der Papst überreichte uns allen je eine Bibel mit der Inschrift: „Suche, was eint, überwinde, was spaltet“. Damit zog der Papst die Politiker auch zur Verantwortung.
War das Treffen ein Erfolg?
So ein Treffen gab es noch nie zuvor! Die Körpersprache von Kiir und Machar signalisierte mir, dass sie entspannt waren. Auch, dass die beiden ohne ihre Bodyguards da waren, machte sie nahbarer. Nachdem der Papst die Füsse von Präsident Salva Kiir und den zukünftigen Vizepräsidenten geküsst hatte, wärmte sich die Stimmung richtig auf. Der Papst wies auch auf unsere Nationalhymne hin. Sie beginnt mit „Oh Gott, wir loben und verherrlichen dich“ und endet mit „Oh Gott, segne den Südsudan“. Dies zeige, dass der Südsudan eine gottesfürchtige Nation ist und daher ermahnte er die Politiker, sich für den Frieden einzusetzen. Der Wandel muss von ihnen aus beginnen. Der Einsatz des Papstes für den Südsudan beeindruckte mich sehr.
Was für einen Einfluss hatte das Treffen auf Machar und Kiir?
Es ist ein Wendepunkt. Die Herzen von Machar und Kiir wurden tief berührt. Was mir noch Sorgen bereitet, ist die Einflussnahme ihrer jeweiligen Leute, die am Treffen nicht teilgenommen haben. Wir Kirchen werden auf jeden Fall unseren Einsatz noch verdoppeln. Wir werden den Dialog mit Machar und Kiir weiterführen. Denn, zur Erinnerung: das Friedensabkommen wurde nicht in Rom beschlossen, es wurde hier im Südsudan erarbeitet.
Momentan sieht es so aus, also ob die geplante Regierungsbildung im Mai weiter verschoben wird…
Genau. Schon bei unseren Gruppengesprächen im Vatikan hat Machar davon gesprochen, die Regierungsbildung verschieben zu wollen. Es gibt zwei grosse Probleme, die schon 2016 zum Scheitern der Einheitsregierung führten. Erstens fand noch keine Demilitarisierung statt. Momentan gibt es zwei Armeen, die geeint werden müssen und in der neuen Armee muss es einen guten Mix zwischen den Ethnien geben. Zweitens stehen wir vor grossen Finanzierungsproblemen. Der ganze Prozess kostet Geld, welches wir nicht haben. Durch den Krieg ist die Wirtschaft kollabiert. Zudem regnet es wegen dem Klimawandel immer weniger. Auch traut die internationale Gemeinschaft dem Frieden noch nicht über den Weg, daher gibt es wenig Spenden.
Nicht nur das Treffen zwischen Kirchenführer und der politischen Führung war ein historischer Moment. Auch im Nachbarland tat sich einiges. So wurde der sudanesische Präsident Omar al-Bashir von der Armee abgesetzt. Was bedeutet dies für die Wahrung des Friedens im Südsudan?
Während der Retraite sprachen Machar und Kiir schon mit der neuen Militärführung des Sudans. Sie versicherte ihnen, dass der Sudan weiter den Südsudan darin stärken möchte, den Frieden zu erhalten. Meine Botschaft ist: „Ja, es gibt Hoffnung!“ Wir Kirchenführer haben der politischen Führung gesagt, dass das Interesse der südsudanesischen Kinder an vorderster Stelle stehen muss. Wir alle werden uns die Hände reichen. Unser Frieden wird bleiben.
Info:
Reverend Peter Gai Lual ist Kirchenpräsident der «Presbyterian Church of South Sudan», Partnerkirche von Mission 21 und drittgrösste Kirche im Land. Zudem ist er Vorsitzender des Südsudanesischen Kirchenbunds, Dachorganisation der grossen Kirchen und kirchlichen Gremien im Südsudan, der den «Action Plan for Peace» lanciert hat. Diese landesweite Initiative zur Friedensförderung erhält viel internationale Aufmerksamkeit und Unterstützung.