„Wir retten die Leben von Müttern und Neugeborenen“

Absolventin Veronica zeigt voller Freude ihr Diplom.

„Meine Leidenschaft ist es, Frauen zu helfen, damit sie neues Leben in die Welt bringen können“, sagt eine der glücklichen Absolventinnen der Hebammenschule. Die Schule ermöglichte ihr eine fachliche Qualifikation und eine positive Zukunftsperspektive. Dies ist keine Selbstverständlichkeit für die Südsudanesin, denn im Südsudan brach 2013 ein Bürgerkrieg aus.

Millionen von Menschen mussten deswegen fliehen. Auch nach mehreren Friedensabkommen ist die Sicherheitslage instabil. Darunter leidet auch die Gesundheitsversorgung. So sterben nach Zahlen von UNICEF 62 von 1000 Kindern in ihrem ersten Lebensjahr. Um die extrem hohe Mütter- und Kindersterblichkeit zu verringern, braucht es dringend gut ausgebildete Hebammen.

Die von Mission 21 unterstützte Hebammenschule liegt in Lokichoggio, in der Nähe eines Vertriebenenlagers im Norden Kenias. Sie nimmt junge Frauen aus allen Regionen und ethnischen Gruppen des Südsudans auf. Damit bietet sie den Studentinnen auch den Rahmen für eine Zusammenarbeit mit anderen Volksgruppen. Das ist neben der fachlichen Ausbildung eine Besonderheit der Schule, denn der Bürgerkrieg führte zu Feindschaft und Gewalt zwischen verschiedenen Ethnien. Zudem erhalten die Studentinnen psychosoziale Begleitung und lernen, wie sie Traumatisierten helfen können, mit ihren Kriegserlebnissen umzugehen.

Die Ausbildung umfasst neben Theorie auch einen praktischen Teil. Dieser wird von den Studentinnen als besonders wichtig angesehen, denn bei ihren jährlichen Praktika in einem Spital begleiten sie insgesamt 50 Geburten. So können sie ihr neues Wissen direkt anwenden. Die Studentinnen gehen auch auf viele Hausbesuche und lernen dabei etwa, die werdenden Mütter in der Familienplanung zu beraten oder Frauen zu unterstützen, die mit HIV leben.

Besonders erfreulich ist, dass über 90% der Studentinnen ihre Ausbildung dieses Jahr abschliessen konnten. Dies ist eine beachtliche Leistung, denn die Lernbedingungen sind schwierig. Beispielsweise gibt es an den meisten Tagen keinen Strom. Auch emotional erlebten die Studentinnen grosse Belastungen. 2017 attackierte ein ausländerfeindlicher Mob die Schule. Dieser drang in die Räumlichkeiten ein, zerstörte und stahl Material und wollte auf die Studentinnen losgehen, die sich verstecken mussten. Eine der Studentinnen erinnert sich: „Mein Tiefpunkt waren der Vorfall in Lokichoggio und die anschliessende Evakuierung ins Vertriebenenlager Kakuma. Ich habe alles verloren, was ich besessen habe.“

Trotz all dieser Schwierigkeiten empfehlen die Studentinnen die Ausbildung weiter: «Die Schule hat mir viele wertvolle Erfahrungen geschenkt und mein Leben verändert. Sie hat mich zu einer selbstbewussten und stolzen Hebamme gemacht», sagt eine der frischgebackenen Hebammen. Sie und die anderen sind bereit, den Norden Kenias zu verlassen, um in den Südsudan zurückzukehren. Die Studentinnen wissen, wie dringend ihr Heimatland Hebammen braucht. So sagt eine der Absolventinnen: «Mein Studium ist sehr wichtig, denn wir retten das Leben von Mütter und Neugeborenen».

Text: Eva Sidler, Foto: Bernard O. Suwa

 

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