Rebecca Mfutila aus der DR Kongo erhält den Sylvia-Michel-Preis

rebecca mfutila im Garten des Missionshauses in Basel

Rebecca Mfutila im Garten des Missionshauses in Basel. Foto Samuel Rink/Mission 21

Rebecca Mfutila aus der Demokratischen Republik Kongo wird mit dem Schweizer Sylvia-Michel-Preis 2022 ausgezeichnet. Rebecca Mfutila leitet den Frauenbund unserer Partnerkirche in der DR Kongo. Im Interview erzählt sie von der Situation der Frauen vor Ort und vom Kampf gegen die Unterernährung von Kindern in ihrer Heimat, der Kwango-Region.

Rebecca Mfutila, sie erhalten den Sylvia-Michel-Preis 2022. Er fördert Projekte, die Frauen in reformierten Kirchen auf Führungspositionen vorbereiten. Was bedeutet die Auszeichnung für Sie?
Der Preis ist eine Ermutigung. Für mich persönlich, aber auch für die Frauen in der DR Kongo. Sie werden zu oft nicht wahrgenommen. Mit diesem Preis werden sie geehrt.

Sie waren die erste Frau in Ihrer Kirche, die eine Führungsposition eingenommen hat. Wie kam das?
Ja, ich bin die erste Theologin und erste ordinierte Pfarrerin in der Communauté Evangelique du Kwango (CEK). Der Weg war nicht leicht. Zunächst hat eine der obersten Leitungspersonen unserer Kirche gesagt, zu ihren Lebzeiten werde es in der CEK keine Frau geben, die ordiniert werde. Aber ich habe gekämpft und gewonnen. Ich bin inzwischen für eine eigene Kirchgemeinde zuständig und Präsidentin des Frauenbundes der CEK.

Mission 21 gratuliert Rebecca Mfutila von Herzen zum Sylvia-Michel-Preis 2022. Dieser internationale Preis der Evangelischen Kirche Schweiz (EKS) und des Weltbunds Reformierter Kirchen (WARC) ist eine wichtige Anerkennung für die Förderung von Frauen in Leitungspositionen. Mission 21 unterstützt die Frauenarbeit der Communauté Evangélique du Kwango seit Jahren und freut sich, dass diese Unterstützung Früchte trägt. Weltweit engagiert sich Mission 21 in zahlreichen Programmen und Projekten zur Förderung von Gender-Gerechtigkeit und der Stellung von Frauen in Kirche und Gesellschaft. 

Wie haben Sie die Leitungsperson in der Kirche überzeugt?
Meine Art, die Dinge anzugehen, hat ihn überzeugt. Das Pfarramt ist eine Berufung und ein Ruf. Seit meiner Jugend hatte ich den Wunsch, Gott zu dienen. Mein Engagement und mein Wissen haben die Kirchenführer überzeugt, mich zum Theologiestudium zu schicken.

Mitghlieder des Frauenbundes der CEK in der DR Kongo
Mitglieder des Frauenbundes der Comunauté Evangelique du Kwango in Kasongo Lunda. Foto Vera Schaffer/Mission 21

Warum war eine Frau als Pfarrerin zunächst undenkbar?
Für die meisten in unserer Kirche ist es wichtig, Dinge zu bewahren, wie sie sind. Frauen sind als Pfarrerinnen nicht vorgesehen. Aber einige führende Personen haben ihre Meinung geändert.

Der Sylvia Michel Preis fördert Projekte, die Frauen in reformierten Kirchen auf Führungspositionen vorbereiten. Inwieweit können Sie andere Frauen auf so eine Position vorbereiten?
Wir brauchen viel Zeit für die Sensibilisierung. Die Menschen müssen verstehen und akzeptieren, dass Frauen ebenso von Gott gemacht sind wie Männer und ebenso über alle notwendigen Fähigkeiten verfügen, um aktiv Verantwortung zu übernehmen. Es ist ein langer Kampf, aber es gibt Fortschritte.

Gibt es Vorbilder?
Es sind nicht viele, aber es gibt sie. In manchen Schulen haben Frauen die Position der Direktorin inne. Ich sehe mich selbst auch als Vorbild.

Wie sehr geht es um die Vorbereitung der Frauen und wie sehr um die Arbeit mit den Männern, die bisher die meisten Führungspositionen einnehmen und vergeben?
Beide müssen gemeinsam Fortschritte machen. Die Frauen dürfen keine Angst vor den Männern haben. Wir müssen unsere Rechte verteidigen. Und es braucht sehr viele Gespräche.

Sie sind auch an der Basis tätig. Zum Beispiel im «Centre de Malnutrition» in Kasongo Lunda in der DR Kongo. Können Sie darüber etwas erzählen?
Im Centre betreuen wir unterernährte Kinder und manchmal auch die Mütter. In der Kwango-Region ist Unterernährung ein grosses Problem, das sich immer mehr verschärft. (Mehr zur Arbeit des Frauenbundes hier: Stärkung der Frauen im Kwango und in den Armenvierteln Kinshasas – Mission 21 (mission-21.org)

Medizinische Untersuchung eines Kindes im Zentrum der CEK in Kasongo Lunda, DR Kongo
Medizinische Untersuchung eines Kindes im „Centre de Malnutrition“ der CEK in Kasongo Lunda. Foto Vera Schaffer/Mission 21

Woran liegt das?
Seit einigen Jahren spüren wir den Klimawandel und die Klimaveränderung. Die Erde ist ausgetrocknet und nicht mehr so fruchtbar wie früher, das Saatgut hat keine gute Qualität. Die Menschen haben Schwierigkeiten, genug Nahrung anzubauen. Zugleich wächst die Bevölkerung stark. Immer mehr Menschen treffen also auf eine Situation, in der es immer weniger Nahrung gibt. Besonders Kinder bis zum Alter von fünf Jahren sind stark betroffen von Unterernährung. Auch schwangere Frauen und Mütter leiden. Wir Frauen vom Frauenbund haben eine Gruppe gebildet und mit unseren eigenen kleinen finanziellen Beiträgen das „Centre de Malnutrition“ eröffnet. Hier können wir 100 Kinder ernähren. Sie kommen zwei Mal pro Woche. Wir versorgen sie mit Nahrung und betreuen sie medizinisch. Wir haben zum Glück Freiwillige, die mithelfen, unter anderem professionelle Krankenschwestern.

Es muss hart sein, diese Kinder zu sehen. Wie gehen Sie damit um?
Schon mit wenigen Mitteln können wir etwas tun, trotzdem sind wir manchmal verzweifelt. Das Problem ist: Es gibt so viele Kinder, die unterernährt sind, aber wir können im Moment nur 100 von ihnen unterstützen. Es ist schwer zu sehen, dass das Ausmass der Not so viel grösser ist als die Möglichkeiten der Hilfe.

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Im Zentrum für unterernährte Kinder in Kasongo Lunda. Foto Vera Schaffer/Mission 21

So wichtig die Nahrungsmittelhilfe ist, wie nachhaltig ist sie?
Wir versuchen natürlich, auch über die akute Versorgung hinaus zu arbeiten. Man muss klar sehen, dass es nicht reicht, Kinder zu ernähren, es braucht weitere Massnahmen.

Welche Massnahmen meinen Sie?
In manchen Fällen ist bereits jetzt eine umfassendere Betreuung möglich. Einer Frau, die mit ihrer Tochter in einer wirklich schlimmen Lage war, konnten wir etwas Land zur Verfügung stellen und sie im Anbau von Soja schulen. Wir müssen solche Möglichkeiten kreieren. Künftig würden wir gerne ein Heim erreichten, um Kinder unterzubringen. Viele sind Waisen. Sie leben an Orten, wo sie sehr schlecht behandelt werden. Wenn sie bei uns im Zentrum sind, müssen wir sie zurück schicken an ihre Aufenthaltsorte. Das ist belastend. Wir suchen nun einen Ort für ein Heim und überlegen, wie wir das umsetzen könnten.

Wenn Sie mehr finanzielle Mittel hätten, wären der Frauenbund in der Lage, das Projekt auszubauen?
Ja, auf jeden Fall. Wir haben dieses Jahr 5000 Franken aus einem Fonds von Mission 21 erhalten, für kommendes Jahr ist ein Beitrag von 25‘500 Franken budgetiert. Das hilft enorm, insbesondere können wir vorausschauend planen.

Was motiviert Sie, diese Arbeit zu machen? Was gibt Ihnen die Kraft, weiterzumachen?
Die Liebe Gottes. Und die Situation: Wenn Sie Kinder sterben sehen, weil sie nichts zu essen haben, ist es keine Option, nicht zu handeln!

Man könnte auch resignieren…
Tatsächlich tragen wir auch Risiken. Wenn ein Kind nach dem Essen in unserem Zentrum Durchfall bekommt, geraten wir z.B. schnell in Verruf und sind angreifbar. Doch es gibt auch immer wieder Begegnungen, die einem Mut machen.

Können Sie von so einer Begegnung erzählen?
Ich denke dabei an die kleine Ruth. Sie wurde bei uns zurückgelassen, mit schwerwiegender Unterernährung und offensichtlich misshandelt und traumatisiert. Doch inzwischen wurde sie von einer Familie aus dem Umfeld des Frauenbundes aufgenommen. Wir konnten sie in die Schule schicken und sie hat sich sehr schnell erholt. Das zu sehen, macht Mut.

Welche anderen Projekte sind Teil der Arbeit des Frauenbundes?
Bei der CEK greifen verschiedene Projekte ineinander. Wir arbeiten mit dem Landwirtschaftsprojekt, dem Bildungs– und dem Gesundheitsprojekt zusammen. Unter anderem bieten wir Berufsausbildungen für Frauen an, in Schneiderei, Bäckerei-Handwerk und Hauswirtschaft. Es geht immer darum, den Frauen zu Unabhängigkeit zu verhelfen. Viele sind wegen Armut abhängig und werden schwanger, weil sie sexuell ausgebeutet werden. Dem wollen wir entgegenwirken. Durch unsere Arbeit mit den Frauen an der Basis sehen wir, welche Probleme besonders drängend sind und können sie in Kooperation mit den verschiedenen Projekten der CEK angehen.

Frauen in Ausbildung in den Projekten der CEK.

Vielen Dank für das Gespräch!
Ich bedanke mich für die Unterstützung unserer Arbeit!

Interview: Miriam Glass/Mission 21

> Hier finden Sie weitere Informationen zum Projekt

> Ja, ich möchte die Menschen in der DR Kongo unterstützen.



		
		
			

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